Seele am Abgrund
106 pages
German, Middle High (ca.1050-1500)

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Seele am Abgrund , livre ebook

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Description

Depressionen und Burn-out:Der erste Ratgeber für Angehörige, Freunde und ArbeitskollegenDepressionen und Burn-out sind allgegenwärtig. Angehörige, Freunde und Arbeitskollegen von psychisch kranken Menschen sind meist überfordert. Was tun, wenn die Luft und Lust beim Partner draussen ist? Wie soll man sich verhalten? Wie spürt man, ob eine Partnerin oder ein Freund leidet? Was muss man tun, um nicht selber in eine Krise zu fallen?Dieses Buch gibt Einblick in die kranken Seelen von depressiven Menschen. Zum besseren Verständnis für Partnerin oder Partner und die Umgebung. Texte von Betroffenen, Interviews mit Angehörigen und ein Blick in die Arbeitswelt machen dieses Buch zu einem einzigartigen Werk, das es in dieser Form nicht gibt. Es ist unverzichtbar für Angehörige, Kollegen, Ärzte, Personalchefs und Betroffene.

Informations

Publié par
Date de parution 12 février 2013
Nombre de lectures 0
EAN13 9783905848816
Langue German, Middle High (ca.1050-1500)

Informations légales : prix de location à la page 0,1080€. Cette information est donnée uniquement à titre indicatif conformément à la législation en vigueur.

Extrait

Seele am
Abgrund
Burn-out und Depressionen
Ratgeber für Angehörige, Freunde und Arbeitskollegen
Ruedi Josuran
Thomas Knapp
Rolf Heim
u.a.
VERLAG Knapp
e-Book mbassador GmbH, Luzern
HERSTELLUNG Lukas Zemp, Druckerei Ebikon AG
FOTO UMSCHLAG Patrick Lüthy, www.imagopress.com
KORREKTORAT Sam Bieri, korrektiv@bluewin.ch
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-9523245-9-2
eISBN: 978-3-905848-81-6
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Dieses Buch wurde in der Schweiz hergestellt.
Ruedi Josuran, Thomas Knapp, Rolf Heim u.a., Seele am Abgrund
© Knapp
www.knapp-verlag.ch
Vielen Dank für die Unterstützung
Swiss Prevention Center, Nottwil Das Präventionszentrum der Schweiz
Ruedi Josuran
Gespräche mit Angehörigen und Betroffenen
Thomas Knapp
Die Krallen des Raubvogels
Rolf Heim
Ratgeber für Angehörige
Rolf Heim
Ratgeber für Personalfachleute
Renate
Und ich stand nur daneben
Interview mit Helen
«Es gab Tage, da funktionierte ich nur noch wie auf Knopfdruck»
Die Autoren
Marc «Cuco» Dietrich, Börnaut-Bluus
RUEDI JOSURAN
GESPRÄCHE MIT ANGEHÖRIGEN UND BETROFFENEN
In meinen Gesprächen mit depressiven Menschen und ihren Angehörigen werden jeweils Ängste, Selbstzweifel und Hoffnungslosigkeit spürbar. Ich höre mir die Geschichten der Menschen an. Es sind Schicksale, die nachdenklich stimmen. Vieles, das ich zu hören bekomme, kenne ich auch aus eigener Erfahrung. Wer unter einer Depression leidet, spürt die Überforderung seines nahen Umfeldes. Auch Partnerin oder Partner leiden mit. Familien werden auf eine harte Probe gestellt.
Für dieses Buch habe ich einige meiner Gespräche nachgezeichnet (alle Namen geändert). Ich versuche, die Schwächen der Menschen «aufzudecken», damit sie von Aussenstehenden verstanden werden. Es darf nicht sein, dass jemand, der an einer Depression oder an einem Burn-out leidet, ausgegrenzt wird. Denn darunter leiden nicht nur die Betroffenen selber, sondern auch Angehörige, Freunde und selbst Arbeitskollegen.
Es gibt ein Leben nach der Depression
Burn-out trifft nicht nur Manager und Pflegepersonal, es ist in allen Berufen heimisch. Wie ist es aber mit Frauen, die im Haushalt tätig sind? Frauen haben oft eine Doppel- oder Mehrfachbelastung. Kinder, Haushalt, Beruf und Partner – alles sollen sie auf die Reihe kriegen. Im Haushalt soll alles perfekt funktionieren. Der Mann will über seine Probleme im Job sprechen. Die Kinder sollen in der Schule gut sein, vielleicht gibt es auch eine Teilleistungsschwäche, die zusätzliche Betreuung braucht. Ganz zu schweigen von der Alleinerzieherin. Vor ihrer Leistung ziehe ich den Hut.
Auch bei Ida (39) hatte die Burn-out-Symptomatik mit Erschöpfung, Schwäche, Gleichgültigkeit und Krankheitsanfälligkeit zugeschlagen. Drei Seiten lang war ihr handgeschriebener Brief. «Ich weiss nicht, was mit mir los ist. Aber mir fehlt einfach die Kraft, im Haushalt wenigstens das Nötigste zu machen. Die Kinder nerven mich. Der Mann stresst mich, weil er mich dauernd kritisiert. Der Kontakt zu Freundinnen und Verwandten ist fast abgebrochen. Wenn ich am Morgen aufstehen sollte, kommt es mir vor, als wäre ich mit Gewichten an die Matratze gefesselt. Ich kann mich an nichts mehr richtig freuen. Ab aufs Sofa, und den restlichen Abend wegschlafen.» Sie, die frühere Handball-Kreisläuferin, konnte sich schon seit Monaten kaum mehr aufraffen – so müde und erschlagen war sie. Doch wie viel Schlaf sie ihrem Körper auch gab, es stellte sich kein Erholungseffekt ein.
Im ersten Gespräch machte ich ihr und ihrem einfühlsamen Mann klar: «Hier ist nicht jemand einfach faul oder willensschwach. Es geht um Krankheit und um die geeignete Behandlung.» Trotz liebevoller Zuwendung musste ihr Mann hilflos mitansehen, wie seine Frau immer weiter abbaute. Wie sie, die sonst immer auf andere eingehen konnte und sich mit dem Kontakt zu anderen Menschen leicht tat, keinen Zugang mehr zu sich und ihrer Umgebung finden konnte. Auch das ist meine Erfahrung: Feinfühlige Menschen können leichter psychische Probleme im Sinne von Burn-out bekommen. Sie haben oft hohe, zu hohe Selbstansprüche – und scheitern immer wieder daran. Was die Menschen immer wieder von sich selber beschreiben: «Ich kann das nicht liegen lassen, bevor ich nicht wirklich das Gefühl habe, es sei perfekt.» Das Bedürfnis, die Dinge unter Kontrolle zu haben, alles selber zu machen, ganz schwer etwas abzugeben oder nicht rechtzeitig um Hilfe zu bitten und es allen recht machen zu wollen.
Der Einbruch einer psychischen Erkrankung verunsichert und ängstigt alle im Umkreis Lebenden zutiefst. Ein bis dahin «berechenbar» gewesener, vertrauter Mensch verändert sich plötzlich oder schleichend, die Kommunikation gelingt nicht mehr. Doch wer selbst verunsichert ist, kann einem Verunsicherten nicht helfen und gerät in Gefahr, in das Chaos der Orientierungslosigkeit hineingezogen zu werden.
Wenn das Denken, das Verhalten und oft die gesamte Persönlichkeit eines geliebten Menschen fremd werden, ist das mit schweren Enttäuschungen im Beziehungsleben und vor allem mit dem Verlust einer gewohnten «Normalität» verbunden. Der eigene Schmerz darüber macht das Wahrhaben-Können der Erkrankung schwer, und der Wunsch, dass alles wieder so werden möge wie vorher, führt oft zu selbstloser Aufopferung, Übernahme übermässiger Verantwortung und dadurch aber auch zur Verstärkung der Hilflosigkeit des Erkrankten. In der Depression geht es vor allem darum, da zu sein und dazubleiben. Es geht darum, einfach zusammen mit der Betroffenen Person diese Phase durchzustehen. Ohne Wenn und Aber und ohne kluge Ratschläge. Die liebevolle Aufmerksamkeit tut gut, auch wenn er oder sie es nicht zeigen kann. Verlassen Sie den Raum, wenn der andere allein sein möchte, aber bleiben Sie möglichst in der Wohnung – also verfügbar und ansprechbar, ohne sich aufzudrängen. Eine fundamentale Angst depressiver Menschen ist es, verlassen zu werden. Sie denken, dass sie nicht liebenswert sind, und durch die Depression verschärft sich ihre Angst enorm.
Hören Sie auf, zu sagen, dass Sie verstehen, was Ihr Partner durchmacht; das können Sie nämlich nicht. Sagen Sie lieber etwas wie: «Ich weiss nicht genau, wie du dich fühlst, aber ich gebe mir grosse Mühe, dich zu verstehen und dir zu helfen.» Bei Ida und Gianluca war es nicht anders als bei vielen anderen: Frustrierend war die Tatsache, dass man zwar mit guter Absicht herangeht, der Erkrankte sich aber schnell kritisiert und bevormundet fühlt, was ihn verunsichert und noch tiefer in die Depression stossen kann.
Ida fand Hilfe in einer Fachklinik. Ich kümmerte mich umso intensiver um ihren Mann. Angehörige brauchen Raum, Zeit und verständnisvolle Begleitung, damit sie ihre eigenen Gefühle wie Trauer, Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle, aber vor allem auch Wut und Zorn wieder wahrnehmen können. Ich machte ihm Mut: «Sorgen Sie dafür, dass Sie sich jeden Tag selbst etwas Gutes tun. Mit einem depressiven Menschen zusammen zu sein, kostet viel Kraft, also denken Sie auch an sich selbst. Tun Sie das nicht, wird Ihnen bald der Sprit ausgehen. Gönnen Sie sich eine Auszeit, gehen Sie zu einem Fussballspiel, ins Kino oder treffen Sie sich mit Freunden.»
Beide sind heute in der Rückschau der Meinung, dass die Depressionsphase sie mit dem eigenen Ich vertraut gemacht hat. Ihre Beziehung hat an Qualität gewonnen. Weil sich beide besser kennen. Mit den hellen und den dunklen Seiten. Sie haben gelernt, damit einen Umgang zu finden. Und dass es ein Leben nach der Depression gibt.
Hören Sie auf, zu sagen, dass Sie verstehen, was Ihr Partner durchmacht; das können Sie nämlich nicht.
Wenn die Fassade einbricht
Ehepartner, Kinder, Eltern, Arbeitskollegen, Vorgesetzte. Sie alle können bei einem Burn-out oder einer Depression mit in den Abwärtsstrudel der Hoffnungslosigkeit geraten. Manche erleben es so stark, dass sie am Ende selbst behandlungsbedürftig sind. Diese Krankheiten sind Beziehungskrankheiten. Erschwerend kommen die widersprüchlichen Signale der Betroffenen und das Fehlen gemeinsamer Erklärungsbilder. Ohnmachtsgefühle, Resignation und Hilflosigkeit sind die Folgen.
Dieser «Erklärungsnotstand» stand auch am Anfang eines Anrufs aus dem Stuttgarter Raum. Der Schock sass tief nach der Diagnosemitteilung des Facharztes. Der Betroffene, Malermeister, Jan (34), war grossen emotionalen Wechselbädern ausgesetzt. Jan gehörte zu den Männern, die auch in einer solchen Situation ihr Gesicht um jeden Preis wahren wollen. Seine Sprache war meist leise, monoton, langsam, kraftlos. Tägliche Anforderungen konnte er kaum noch allein bewältigen. Sein Radius von Aktivitäten war immer stärker eingeschränkt. Seinen Freunden habe er anfangs zu vermitteln versucht, wie er sich fühlt, doch hätten sie ihn nicht verstehen können, sie hätten nur gesagt: «Mach dir ein schönes Wochenende, geh mal schön essen, dann wirds wieder.» Er habe versucht, sich in einem Urlaub zu Hause zu erholen, das habe jedoch nicht funktioniert, auch übers Wochenende habe er sich nicht erholen können. Seine Wohnung habe er immer weniger verlassen können, erzählte er mir weiter. Er wolle sich die qualvolle Frage nach seinem Befinden – «Wie geht es, was machst du so?» – ersparen.
Aus eigenem Erleben konnte ich nachfühlen. Er hätte sonst Rechenschaft ablegen müssen über sein Leben, das aus den Fugen geraten war. Über den Riss in seiner Maske. Wie viele Männer glaubte auch Jan, dass es ihm die männliche Rolle verbiete, in eine persönliche Krisensituation zu geraten und diese auch offen einzugestehen. Hilfesuche bedeutet vor dem Hintergrund traditioneller Maskulinität Statusverlust und Identitätsbeschädigung. Sie impliziert Inkompetenz,

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