Vom Regen in die Traufe
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Vom Regen in die Traufe , livre ebook

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Description

Mai 1920, die Regierung der Republik in Berlin erklaert die deutschen Freikorps, die im Baltikum noch immer kaempfen, fuer aufgeloest. Geruechte ueber Intrigen und Verschwoerungen beherrschen die Presse. Nationalisten beginnen unter den Augen der Alliierten eine neue deutsche Armee zu schaffen. Alles, was Brock bisher vom Leben gesehen hat, sind der Krieg und das Heer. Der alten Volksweisheit vertrauend, dass, wer wirklich arbeiten will, auch Arbeit findet, macht er sich auf den Weg nach Berlin und wird schnell er eines Besseren belehrt. Betrogen und ausgeraubt endet er ohne einen Pfennig auf der Strasse. Nur Glueck und Mut retten ihn. Widerstrebend wird er in die Machenschaften der militaerischen Geheimbuende und ihrer Verbuendeten in Politik und Wirtschaft involviert. Er betritt die verschiedenen Welten von Gerichtshof und Polizei, Presse und krimineller Unterwelt, Schwarzer Reichswehr und altem Adel. Schliesslich muss er, gerade im Begriff, ein erfolgreicher Reporter zu werden, einen gefaehrlichen Moerder stellen und verliert beinahe sein eigenes Leben. Die spannende Geschichte entwirft ein Bild der Zwanziger Jahre, ohne ein Geschichtsbuch zu sein.

Informations

Publié par
Date de parution 07 février 2011
Nombre de lectures 0
EAN13 9781849893114
Langue English

Informations légales : prix de location à la page 0,0350€. Cette information est donnée uniquement à titre indicatif conformément à la législation en vigueur.

Extrait

Title Page

VOM REGEN IN DIE TRAUFE

Historischer Berlin Krimi



Catherine Hardman


Publisher Information

Vom Regen In Die Traufe published in 2011 by
Andrews UK Limited
www.andrewsuk.com

This book is sold subject to the condition that it shall not, by way of trade or otherwise, be lent, resold, hired out or otherwise circulated without the publisher’s prior written consent in any form of binding or cover other than that in which it is published, and without a similar condition being imposed on the subsequent purchaser.

The characters and situations in this book are entirely imaginary and bear no relation to any real person or actual happening.

Copyright © Catherine Hardman

Cover image courtesy of M62

The right of Catherine Hardman to be identified as author of this book has been asserted in accordance with section 77 and 78 of the Copyrights Designs and Patents Act 1988.





1920

Brock wusste sofort, dass er die Alte nicht hätte gehen lassen sollen. Aber was konnte er tun? Nur mit seinen Heeresunterhosen bekleidet stand er auf einem Bein und beeilte sich, seine Anzughosen überzustreifen. Von der Theke seines kleinen, vollgestopften Ladens beobachtete ihn der Altkleiderhändler.
„Sie haben es ja so eilig, als wären Sie auf der Flucht, junger Mann.”
„Nicht eiliger als Ihre Frau”, antwortete Brock.
„Die Alte kann kommen und gehen, wie es ihr passt.”
Mit einem Seufzer, der seine Geringschätzung ausdrückte, befühlte der glatzköpfige Händler Brocks Militäruniform. “Dafür gibt es aber nicht viel. Die kann ich gleich dem Lumpenhändler geben. Ihr Anzug dagegen ist beste Vorkriegsware, gutes Tuch, fühlen Sie ruhig mal den Stoff.” Er rieb den Daumen seiner rechten Hand über den Ärmelstoff seines eigenen Anzuges, um die Qualität anzudeuten.
Brock tastete nach seiner Geldbörse, die er bereits sicher in seiner neuen Hosentasche verstaut hatte. Er war nie zuvor in Breslau gewesen und der ebenerdige Laden in einer ruhigen Seitenstraße schien genau das zu sein, was er brauchte, um seine Uniform gegen Zivilkleidung einzutauschen. Seine Militärkarriere war vorüber, die Freikorps offiziell aufgelöst und sein Weg führte nach Berlin, weit weg vom Baltikum, dem Korps und seiner Heimatstadt. Oppeln war nur ein Umweg ins gelobte Land, eine Hürde, erzwungen durch den polnischen Korridor, die seine Welt in Ostpreußen zur Insel gemacht hatte.
Mit einem schiefen Lächeln betrachtete der Händler die Stellen an den Ärmeln und den Schultern, wo Brock alle Zeichen seiner Einheit abgerissen hatte.
Um das Geschäft zu Ende zu bringen, fragte Brock nur kurz angebunden: „Wie viel?”
„Zwanzig Mark und Sie machen ein Geschäft dabei. Den Anzug werden Sie für den Rest Ihres Lebens tragen.”
Empörung wallte in Brock auf. Aber bevor er seiner Meinung über Preiswucher Ausdruck verleihen konnte, hörte er das verräterische Geräusch, das genagelte Stiefel auf hartem Untergrund machen, aus den hinteren Räumen des Ladens, die nur durch einen Vorhang vom dem stickigen kleinen Raum getrennt waren, in dem er jetzt stand. Ohne ein weiteres Wort egriff er seinen kleinen Koffer und rannte auf die Straße. Hinter ihm konnte er die Rufe der Verfolger hören, auf Polnisch, die Frau musste ihn an irgendeine der polnischen Milizen gemeldet haben. Schlecht gezielte Schüsse schlugen in Häuserwände ein und die eben noch verlassene kleine Straße belebte sich. Kinder schrien, Frauen kreischten, Männer erschienen in den Hauseingängen, um einen besseren Überblick zu haben. Durch die Schießerei verloren die Milizmänner kostbare Zeit und Brock konnte seinen Vorsprung ausbauen. Hakenschlagend rannte er in die nächste größere Straße mit dem Ziel, eine der belebten Hauptstraßen zu erreichen.
Erst als er endlich zu einem kleinen Marktplatz gelangte, auf dem sich Spaziergänger, Kunden und Händler mischten, wagte er einen Blick zurück. Niemand schien ihm bis hierher gefolgt zu sein. Er entdeckte einen deutschen Gasthof und beschloss, sich dort für eine Weile zu verschanzen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Milizmänner sich dort hineinwagen würden, jedenfalls nicht in Unterzahl.
Obwohl es noch nicht einmal elf Uhr war, hatte sich bereits genug Tabakrauch in der Luft gesammelt, um das Atmen beinahe unmöglich zu machen und die Sicht zu erschweren. Frische Sägespäne auf dem Fußboden und die geschrubbten Tische verrieten Brock, dass er in einem der besseren Häuser gelandet war. Er blickte sich im Schankraum um und sah an einem der hinteren Tische eine Gruppe älterer, gut gekleideter Männer sitzen, die wie örtliche Honoratioren aussahen. Einer winkte ihn heran. Gehorsam trottete Brock, sich an den dicht gestellten Tischen vorbeidrückend, hinüber zu der Gruppe.
„Wir laden Sie zu einem Bier und einem ordentlichen Mittagessen ein”, sagte der Mann, der ihn herangewinkt hatte. “Sie sehen aus, als könnten Sie das gebrauchen”, fügte ein kleiner Mann mit ungewöhnlich hoher Stimme hinzu.
„Womit habe ich diese Ehre verdient?” Brock war so verblüfft über den plötzlichen Wandel seines Geschicks, dass er sich widerstandslos auf die Bank fallen ließ, auf der ihm bereitwillig Platz gemacht wurde.
„Na, hier brauchen Sie sich doch nicht verstecken. Wir sehen doch sofort, dass Sie einer der Verteidiger des Vaterlandes sind.”
Nicht unbedingt wortgewandt antwortete Brock nur mit einem unbestimmten Brummen.
„Als wir Sie am Eingang stehen gesehen haben, haben wir uns gedacht, dass Sie eben erst mit dem Zug hier angekommen sind und noch nach Ihrer Einheit suchen.”
Brock wusste natürlich, dass sich deutsche Freiwillige in Oberschlesien versammelten, um in dem schwelenden Streit um die neu zu ziehenden Grenzen zwischen Deutschland und Polen zur Stelle zu sein. Die Männer seiner Einheit, mit denen er in einem ausgemusterten Lastwagen Polen durchquert und damit ein letztes militärisches Bravourstück hingelegt hatte, waren mit Sicherheit bereits in Stellung. Er genierte sich ein wenig, als er zu der Annahme der Honoratioren nickte. Mit dem Fuß platzierte er seinen Koffer so, dass er ihn beim Essen im Auge behalten konnte. Die Aussicht auf ein freies Mahl hatte über die Wahrheit gesiegt.


Kapitel 1

Bremer konnte es nicht glauben. Sein erster Mord und er musste kotzen. Endlich, nach zwei Jahren Langeweile, zwei Jahren Streife gehen ohne auch nur einen einzigen Vorfall, hatte er endlich einen großen Fisch an der Leine und sein Magen spielte verrückt. Nach einem Lungendurchschuss an der Westfront, in Belgien, hatte er Glück gehabt, bei der Polizei unterzukommen, aber Glück gebiert nicht immer Dankbarkeit. Bremer hasste seine Routine und hätte seine halbe Lunge dafür gegeben, irgendwo in den Innenbezirken zu arbeiten, wo es wie in Chicago zuging, Raub und Mord, Pimps und Huren, alles was man sich nur ausdenken konnte. An Karlshorst dagegen schien die Zeit vorbei gegangen zu sein. Als er seine ersten Runden drehte, durch das Rheinviertel, das Prinzenviertel und die Biesenhorst Lauben, war er nach Jahren an der Front erstaunt, dass solche Plätze noch existierten.

Die drei Toten lagen im Dachgeschoss der Villa. Mit Spannung erwartete Bremer, der die Mordinspektion am Alexanderplatz angerufen hatte, das Eintreffen der Spezialisten. Die Kommissare der Mordinspektionen waren Berühmtheiten, fast jeden Tag brachten die Zeitungen etwas über die Erfolge und Misserfolge der Detektive. Das war der einzige Grund für Bremer, überhaupt Zeitungen zu kaufen. Er hatte sich geradezu nach einem Mordfall in seiner Wache gesehnt, um endlich seine Helden in Fleisch und Blut zu sehen. Konopke, der mit ihm auf Streife war, saß ungerührt auf den Stufen, die zum Eingang der Karlshorster Villa führten, und rauchte. Sein einziges Interesse war, pünktlich zum Abendessen wieder zu Hause zu sein. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ins Dachgeschoss zu steigen, um einen Blick auf die Toten zu werfen. Als das Dröhnen eines schweren Motors die Ankunft des Kommissars ankündigte, seufzte Konopke nur, trat seine Zigarette aus und erhob sich. Eine wuchtige, schwarze Horch Pullman Limousine erschien mit gefährlich hoher Geschwindigkeit in der schläfrigen Karlshorster Heiligenberger Straße und hielt mit quietschenden Reifen an – vor dem falschen Haus. Als Bremer aus dem kleinen, gepflegten Vorgarten auf die Straße trat und den Arm hob, holperte die Limousine auf ihn zu und kam buchstäblich an seiner Koppelschnalle zum Stehen. Sofort flogen die Türen auf, vier, fünf Männer in Zivil liefen an ihm vorbei zum Eingang der Villa.
„Fotografen?”
„Noch im Zug. Immer zu spät, die Vögel.”
„Der Doktor?”
„Unterwegs. Hab’ ihn angerufen, bevor wir losgefahren sind.”
Die Rufe der Männer hallten durch die Straße, Gesichter erschienen allmählich an den Fenstern, und die kleine Straße mit den vornehmen Beamtenvillen und patrizischem Flair hatte ihren ersten öffentlichen Skandal. Ungläubig schaute der Streifenpolizist den Männern nach, die in der Villa verschwunden waren. Niemand hatte ihn etwas gefragt. War es Zeit für ihn, nach Hause zu gehen? Pflicht getan und abgehakt?
„Sie haben die Toten gefunden, Wachtmeister Bremer?”
Wenn Bremer später über die Ereignisse nachdachte, erinnerte er sich immer an die Stimme, die die Frage gestellt hatte: weich und tief, moduliert, hochdeutsch, sogar ohne arrogant zu klingen, ganz Freundlichkeit, unwiderstehlich. Wie es sich herausstellte, war seine Wahrnehmung korrekt. Siebenundneunzig Komma sechs Prozent aller Berliner Mörder konnten der Stimme nicht widerstehen und vertrauten sich dem Kommissar Ernst Gennat an, auch wenn sie wussten, dass dieses Vertrauen sie an den Galgen bringen würde. Das war die Statistik. Bremer hatte bei seinem Anruf direkt nach Gennat gefragt, um nicht das Risiko einzugehen, dass einer der weniger berüh

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