Beat Weber Krisenalltag im Empire [03_2004] Nach Wellen der Euphorie und der Kritik in den "Roaring Nineties" rutscht der Diskurs über die Neue Selbständigkeit in der aktuellen Wirtschaftskrise zunehmend in Depression ab. Die 90er waren eine zwiespältige Zeit für KünstlerInnen: Während die Verdienstchancen im traditionellen Kunstmarkt eher flau waren, gab es in der Wirtschaftswelt einen massiven Kreativitäts-Hype. Dieser Boom brachte einerseits Chance auf Einkommen in den ausufernden Design- und Netzbereichen. Ande-rerseits wurde ein Lebensmodell, das bislang KünstlerInnen von der Welt der Angestellten unterschied, zum Leitbild für die Arbeitswelt der New Economy: formale Selbständigkeit und Selbstverantwortlichkeit, ungeregelte Arbeit und Einkommen, Verschwimmen von Arbeit und Freizeit, Vordringen kreativer Kom-ponenten in der Tätigkeit, Projektorientierung. Der Anstieg der – in Bezug auf das im Fordismus als typisch geltende Angestellten-Normalarbeitsverhält-nis – als "atypisch" bezeichneten Arbeitsverhältnisse war zwar nichts vollkommen Neues. Doch dass fle-xibilisiertes Arbeiten nun nicht mehr nur Frauen und MigrantInnen in untergeordneten Diensten, sondern zunehmend auch Vertreter der männlichen, inländischen, gebildeten Schichten traf, machte das Phäno-men zu einem Thema, dem hohe publizistische Aufmerksamkeit zuteil wurde. Ihre augenfälligste Dynamik entwickelte die neue Selbständigkeit in Segmenten der Kreativität und Kommunikation, wo ...